Der Summer of Migration 2015/2016 sei einmalig. Migration und Flucht können künftig aufgehalten werden. Es ist möglich, einen ganzen Kontinent abzuschotten. Nie wieder müssen sich die Gesellschaften Deutschlands und Europas in dieser Intensität wie damals mit Fluchtbewegungen auseinandersetzen.
Die aktuellen Entwicklungen strafen dieser Vorspiegelung falscher Tatsachen Lügen. Eigentlich tun es seit jeher die tausenden Geflüchteten, die vor den Toren der Europäischen Union festsitzen.
Doch Regierung und Verwaltung bauten die Kapazitäten der Unterbringung ab. Ein nachhaltiges Konzept für die Aufnahme und weitere Versorgung, ein Plan, wie Schutzsuchende tatsächlich beginnen können, in Deutschland und Sachsen zu wohnen, gab es nie. Nun werden die Kapazitäten der Unterbringung wieder beansprucht angesichts der Katastrophen und Kriege auf der Welt, seit Februar 2022 auch wieder in Europa. Ausgelastet sind hiesigen Unterkünfte längst nicht. Zwei Drittel der Aufnahmeeinrichtungen in Sachsen sind derzeit belegt. Der Bund stellte kurzfristig 300 seiner Immobilien zur Verfügung, von denen erst 64 Prozent belegt sind [https://www.tagesschau.de/inland/faeser-fluechtlingsgipfel-101.html].
Hintergrund der Panikmache ist nicht nur, dass knapp eine Million ukrainischer Schutzsuchender in die Bundesrepublik nach dem 24. Februar 2022 eingereist sind. Es kommen auch Menschen aus Afghanistan, Irak, Syrien und weiteren Herkunftsländern an.
Die Kommunen in Deutschland schlagen derweil Alarm und die Innenminister:innen von Bund und Länder und CDU und AfD-Protagonisten üben sich in Panik. Nicht etwa wird debattiert, wie Asylpolitik endlich mit langfristiger Strategie und menschenrechtlichen Standards entsprechend gestaltet werden kann. Es wird wieder auf Abschottung und Abschiebungen gesetzt und damit die nur weitere Illusion geschürt, dass diese "Verwaltungspraxis" tatsächlich eine Reduktion der hier lebenden Menschen bringen würde. Selbstverständlich müsse auch die Zahl illegaler Einreisen unterbunden werden, twitterte Bundesinnenministerin Nancy Faeser [https://twitter.com/NancyFaeser/status/1579813213784674313]. Wissend, dass eine legale Einreise in die Europäische Union nicht möglich ist, die rassistische Unterscheidung zwischen legal einreisenden, ukrainischen Schutzsuchenden und "allen anderen" bewusst hinnehmend. Und schlussendlich die Lehre aus 2015 ignorierend: dieses Jahr war nicht einmalig. Flucht und Migration waren, sind und bleiben. Innerhalb, durch und nach Europa.
Derweil eskaliert in Deutschland wiederum die Gewalt gegen Geflüchtete, auch aus der Ukraine.
Wir blicken in diesem Newsletter vier Mal auf verschiedene Flucht-Herkunftsländer und einmal nach Leipzig und unterstreichen unser Anliegen für eine durchdachte Asylpolitik angesichts dieser Realitäten. |